Atelierkonzerte

eine art chansons

Friday, 13. December 2024, 19:30
Saturday, 14. December 2024, 19:30

Künstlerhaus, œnm-Atelier
Hellbrunner Straße 3, 5020 Salzburg

PROGRAMM

Friedrich Cerha (1926 – 2023)
„Eine Art Chansons“ für eine Chansonière, einen Schlagzeuger, Klavier und Kontrabass (1989)

MITWIRKENDE

œnm . œsterreichisches ensemble fuer neue musik
Agnes Heginger. Chansonnière
Michael Mitterlehner-Romm. Schlagzeug
Nora Skuta. Klavier
Michael Seifried. Kontrabass

In den frühen Fünfzigerjahren stand ich mit einigen meiner Komponistenfreunden avantgardistisch gesinnten jungen Malern nahe, die sich im Art-Club gesammelt hatten; ihr Vereinslokal, der ‚Strohkoffer‘, wurde aber auch von jungen Dichtern (H. C. Artmann, Gerhard Rühm, Konrad Bayer etc.) frequentiert, die später mit anderen (etwa Ernst Jandl) unter dem Begriff ‚Wiener Gruppe‘ subsummiert wurden.

Ihre Sprachexperimente mit hochdeutschen Elementen, Dialekt, verballhornten Fremdsprachen oder auch Sprachfehlern waren mir also früh bekannt, ich hatte aber zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Vorstellungen, um mich kompositorisch damit auseinander zu setzen. Stilistisch schloss diese Literatur natürlich an dadaistische Vorbilder an, auch u. a. an Schwitters (dessen Kleines Gedicht für große Stotterer ich übrigens in meinen Zyklus aufgenommen habe). Die meisten Gedichte aus den Fünfzigerjahren unterscheiden sich aber von Dadaistischem durch einen realen, erfahrbaren Hintergrund, auf dem sich die Verformungen vollziehen. Der Zyklus von 60 Miniaturen, in dem ich auf Grund meiner Erfahrungen nun dieses Material, das mich jahrzehntelang begleitet hatte, kompositorisch in die Hand nehmen und eine Methode entwickeln konnte, die Texte musikalisch überzeugend adäquat ihrer Sprache und ihrer Mentalität zu gestalten, ist vielschichtig. Er umfasst artistische Sprach- und Formspiele, Alltags-Satiren, Populär-Groteskes und Politisch-Zeitkritisches. Insgesamt hat es mich gereizt, an Stelle der gepflegten Aura des Lieds die Direktheit des Chansons anzupeilen, die sakrifizierten Bereiche der ‚Großkunst‘ einmal hinter mir zu lassen, mich auf dem gefährlichen Terrain der ‚Kleinkunst‘ zu bewegen
und bei Wahrung des musikalischen Qualitätsanspruchs – teilweise spielerisch – Verhaltens- und Reaktionsweisen zu überspitzen, ins Absurde zu überdrehen oder auch das Schaurig-Banale an der Realität unmittelbar zu zitieren. Ich hoffe, ein Publikum zu finden, das mir auf dieser Gratwanderung mit Vergnügen – zuweilen auch mit Betroffenheit – folgt.

Friedrich Cerha

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